reingeschlüpft

Was ist der Preis den man zahlt, wenn man bezahlt wird?

„A great opportunity for you and your followers!“

„(…) and could you help me advertise our website and products?“

„You can pick up some products you like at my store,then I send it to you .When you receive it,you help to do review posts on your LookBook and Blog or Instagram for it.“

 

Der ungefähre Inhalt einiger Mails, die ich mal mehr, mal weniger täglich bekomme (keine Angst, es sind nicht so viele, so cool bin ich nicht).

 

Kooperationen. Fluch? Segen? Bewunderung oder Verachtung?

Diese Frage stelle ich mir in meinem Kopf seit längerem und immer öfter immer mal wieder. Mal, weil ich bei einer meiner Lieblingsinstagramerinnen (was für ein Wort) immer öfter unter den Bildern böse Kritik lese, dass ihr Profil zu einer Werbeplattform geworden ist, obwohl man sie doch eigentlich wegen ihres persönliches Stils so lieb gehabt hat.

Mal, weil ich zwischen den vielen dreisten, komischen aber auch langweiligen Anfragen tatsächlich mal eine tolle dabei habe, der ich dann auch gerne zustimme und im selben Moment aber auch zusammenzucke und mich frage: „Will das überhaupt jemand sehen?“ und „Ist es überhaupt okay, was ich da mache?“ Und vor allem:

 

Was ist der Preis den man zahlt, wenn man bezahlt wird?

 

Nicht, dass ich so weit wäre, dass ich bezahlt werde, bei mir pendelt es sich eher darauf ein, dass man mir Sachen zuschicken möchte, die ich dann im Gegenzug auf Instagram poste. Geschenke sozusagen. Geschenke, die oft aber auch nicht genannt werden wollen.

Einmal hatte ich sogar eine Anfrage, auf die ich sehr stolz war, ein großer Onlineshop eines bekannten Modehauses lud mich dazu ein auf der Webseite zu stöbern und mir etwas auszusuchen. Wow, dachte ich mir, das ist ja wunderbar (das war auch noch in meinem ersten „Bloggerjahr“, in denen die Anfragen noch sehr selten waren), doch in der nächsten E-Mail wurde mein Glück etwas gedämpft, denn ich durfte den Beitrag, den ich dann mit dem Kleidungsstück posten würde, nicht als gesponsort markieren. Man dürfe nicht erkennen, dass es nicht mein eigener Wille sei.

Nach einigen Mails hin und her habe ich dann abgelehnt. Ja, es wären tatsächlich schöne Schuhe gewesen.


 

Viele Follower verlieren den Glauben in ihre Lieblinge, wenn sie nur noch (oder vermehrt) gesponsorte Kleidungsstücke und Accessoires auf ihren Profilen finden, zweifeln an der Authentizität und schreien auf.

Doch wo liegt der Unterschied? Ist es tatsächlich das Sponsoring, das einen willenlos und als Modepuppe sämtlicher Marken erscheinen lässt? Oder ist man dies nur, wenn man es zulässt?

99% meiner Posts sind nicht gesponsort, bzw. trage ich nur Dinge, die ich aus eigener Tasche bezahlt habe (buhuhuhuuu). Dafür bin ich aber auch zu Zara, H&M, Mango, COS und Co gewackelt, habe zum einen Geld dort gelassen, die Marke unterstützt, anschließend habe ich mich, bzw. das Kleidungsstück schick für euch inszeniert (auf dem Bett, auf dem Boden, viel herum geräumt, damit auch ja alles gut aussieht, ihr wisst schon) und alles schön verlinkt, sodass beim Tippen aufs Bild auch alle Marken aufploppen und ihr nichts anderes mehr tun müsst, als auf die Webseite zu gehen und es auch in euren Warenkorb zu packen.

Ist das etwa keine Werbung?

Es ist Werbung!

Mein Blog und mein Instagramprofil sind voll davon, ja. Instagram ist voll davon, von jedem. Ja, bei euch vermutlich auch.

Hat man dann eine gewisse Anzahl von Anhängern gewonnen, sei es nun durch Brüste, Po oder Mode, wird man natürlich für Marken interessant. Viele Follower bedeuten viele Augen, die die Beiträge sehen, was wiederum Aufmerksamkeit bedeutet und Aufmerksamkeit für ihre Produkte wäre ziemlich gut. So suchen sie sich willige Blogger und verschicken munter ihre Produkte.

Ob man das nun als fair oder unfair betrachtet, als „Arbeit“ oder als „die faule Sau tut doch nüscht als sich selbst zu inszenieren, vor der Kamera rumzuhampeln und dabei noch ’n Duckface zu machen und zu behaupten, sie sei gerade so aufgewacht“ – halten kann man von der online Modewelt was man möchte. Ob man es nun rechtfertigt als „ich investiere am Tag mehrere Stunden in meinen Blog / mein Profil, da ist es nur fair, dass ich auch kleine Aufmerksamkeiten erhalte / dafür bezahlt werde“ oder sich gar nicht rechtfertigt, weil es einfach ein Hobby ist, das man mit Spaß verfolgt und es bei der Freude für sich belässt.
Ob man zum Spielball der Modewelt wird, entscheidet man letztendlich selbst. Mit bewussten Entscheidungen, für oder gegen ein Produkt. Und ich entscheide mich dafür, dass ich über Mode blogge (Überraschung!) und dafür, dass ich andere gerne inspiriere und großen Spaß daran habe, mir aus schlichten Kleidungsstücken immer wieder neue Zusammenstellungen zu überlegen.

Ob ich mich nun dafür entscheide, das T-Shirt aus meiner eigenen Tasche zu bezahlen und es euch dann auch mit Markennamen vor die Nase zu halten, oder ob ich mich durch die E-Mails quäle (ja, manchmal ist es qualvoll) und bewusst für oder gegen eine Kooperation entscheide, macht in meinen Augen keinen großen Unterschied.

Im Endeffet hättet ihr es mir so oder so nachgekauft. Werbung ist es ohnehin.

Wichtig ist, dass man die eigene Meinung nicht verkauft. Für kein Geld der Welt. Sehe ich, dass der Onlineshop einfach keine Mode hat, die mich interessiert, dann lehne ich ab. Bekomme ich eine elektrische Gesichtsbürste angeboten, lehne ich ab, da ich bereits eine habe und diese nun auch nicht mehr benutze. Sind die Texte der Firmen lieblos und Massenware, wird ohnehin nicht reagiert und will man versteckte Werbung, muss ich nichts mehr dazu sagen.

Eine Anfrage von einer Detox Kaffeemarke musste ich letztens z.B. schweren Herzens ablehnen. Nicht, dass sie nicht nett gewesen wären, nicht, dass ich Kaffee nicht mag (ich LIEBE Kaffee, ich hätte ihn wirklich gerne probiert), aber ich kann keinen Kaffee bewerben, der mich schlanker machen soll. Selbst, wenn es „nur“ Detox gewesen wäre und ich tatsächlich gar kein Gramm verloren hätte, der Name enthielt das Wort „skinny“ und hat auf meinem Profil nichts zu suchen, da ich a) nicht abnehmen möchte und b) nicht einmal vermitteln möchte, dass es einen Grund gäbe abzunehmen. Dieses Bild kann und möchte ich nicht vermitteln.

Also gab es keinen kostenlosen Kaffee für mich.

Erhalte ich aber wirklich nette Anfragen, von kleineren und liebevollen Marken (wie z.B. Zacamo Designs, zwei Mädels aus Düsseldorf, die super schönen Schmuck und Rucksäcke selbst gestalten und nähen. Den Verweis hier möchte ich selbst erwähnen, die zwei wissen nichts davon, aber ich möchte, dass sie hier stehen), Marken mit wirklich schönen Produkten, die ich mir auch so gekauft hätte / kaufen würde, dann sage ich gerne zu und freue mich darüber. Einfach so, ja. Denn ich teile gerne mit euch, was ich mag. Dann verstehe ich auch den Wunsch der Firmen nicht, dass ihr Beitrag zu meinem Post nicht erwähnt werden darf – es ist doch schön, dass ich mich für sie entschieden habe und das auch ganz bewusst.

Deswegen: Mut zur Kennzeichnung und Mut dazu, offen damit umzugehen. Denn dann verliert man in meinen Augen auch nicht an Authentizität. Man gewinnt und das viel mehr als man denkt. Nämlich, dass die anderen einem glauben. Vor allem, wenn man auch mal zu berichten hat, dass man von der zugeschickten Creme richtig dicke Pickel bekommen hat (ist mir zum Glück aber noch nicht passiert).

 


Die Modewelt lebt von Konsum und ich bin ein Teil von ihr. Wichtig ist, dass man sich mit dem was man tut wohl fühlt. Und ich fühle mich ganz gut, so, wie es ist. Meistens. Ausbaufähig ist das immer.

 

Dieser Beitrag wurde am November 16, 2015 um 20:45 veröffentlicht. Er wurde unter Articles, Fashion, Uncategorized abgelegt und ist mit , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

3 Gedanken zu „Was ist der Preis den man zahlt, wenn man bezahlt wird?

  1. Ein wirklich toller Post, du hast einen so schönen und tiefen Einblick in diese Welt gegeben und tatsächlich meine Anschauung auf dieses Thema geändert 😊 toll geschrieben und so schön ehrlich und echt ❤️
    Liebe Grüße, Julia

  2. Hallo Liebes,

    Vielen Dank für deinen Post, sehr schön, dass sich dieses Themas mal jemand angenommen hat.
    Ich bin in Bezug auf Kooperationen ganz deiner Meinung, das wichtigste ist einfach, sich dabei selbst treu zu bleiben und keine Produkte zu vertreten, für die man im „wirklichen Leben“ nicht stehen würde …

    Grüße aus der Ferne,
    Sarah-Allegra
    http://www.fashionequalsscience.blogspot.co.at

    PS: Ich finde es echt erfrischend, dass du so authentisch bist! Das muss einmal gesagt werden!

  3. Ich habe mir da auch schon oft Gedanken drüber gemacht und auch Umfragen zu dem Thema beantwortet und bin zu dem Entschluss gekommen: Wenn es einem selbst gefällt, kann man auch dafür werben. Ja, die Schuhe wären gesponsort gewesen und das heimlich, ABER sie hätten dir ja trotzdem gefallen und du hättest sie gern gezeigt. Ich finde es erst problematisch, wenn man Sachen bewirbt, die man selbst nicht 100% überzeugend findet (siehe bestimmte blonde Beauty Youtuberin).

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